Videoüberwachung (auch durch einzelne Eigentümer) nicht zulässig

Wir haben bereits mehrfach das Thema unerlaubte Videoüberwachung angesprochen. So entschied das OLG Karlsruhe 2002, daß eine bereits geschehene und erneut drohende Beschädigung eines PKW kein hinreichender Grund für eine Videoüberwachung der Gemeinschaftstiefgarage sei

 

OLG Karlsruhe NZM 2002, 703

 

Es ist auch unzulässig, den Hauseingangsbereich einer Wohnungseigentumsanlage durch eine Kleinstkamera im Klingeltableau zu überwachen, wenn diese Bilder ohne technische Beschränkungen in das hausinterne Fernsehnetz eingespeist werden. Hintergrund ist, daß sich Hausbewohner ansonsten eine private Videosammlung über Ihre Mitbewohner anlegen könnten bzw. die Informationen über das tägliche Kommen und Gehen auswerten könnten. Eine derartige permanente Überwachung verstößt gegen § 6 b Bundesdatenschutzgesetz und auch gegen das im Grundgesetz garantierte Persönlichkeitsrecht. Anderes gilt selbstverständlich bei einer Kamera, die nur aktiviert wird, wenn eine Klingel betätigt wird, und dann ohne Aufzeichnung auch nur in die betreffende Wohnung sendet.

 

KG, Beschluß v. 26.06.2002, Az.: 24 W 309/01 in NZM 2002, 702

 

Auch das OLG Karlsruhe entschied, daß die Installation einer Videoanlage unzulässig und die so gewonnenen Aufzeichnungen in einem Prozeß unverwertbar sind. Dies, obwohl die Anlage installiert worden war, um Täter festzustellen, die schon mehrfach mutwillig einen Pkw beschädigt hatten. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Täters wird hier stärker gewichtet als das Eigentumsrecht der betroffenen Eigentümer. Selbst für Attrappen findet diese Rechtsprechung Anwendung, es genügt, daß sich jemand gestört fühlen könnte.

 

OLG Karlsruhe, Urteil v. 08.11.2001, Az.: 12 U 180/01

 

Nun liegt eine aktuelle Entscheidung des OLG München, das insofern die Nachfolge des Bayerischen Obersten Landesgerichts angetreten hat, vor. Ein Eigentümerbeschluß, der die dauernde, unkontrollierte Videoüberwachung von Flächen, die im Gemeinschaftseigentum stehen, durch einen der Wohnungseigentümer verbietet, entspricht in der Regel einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Hier hatte ein Eigentümer geglaubt, angesichts der Urteile, die eine Überwachung seitens der Gemeinschaft verbieten, zu Selbsthilfe zu greifen und hatte drei (!) Kameras und eine Kameraattrappe an seiner Wohneinheit befestigt.

 

OLG München, Beschluß v. 11.03.2005, Az.: 32 Wx 2/05 in NZM 2005, 668

 

Auch das OLG Köln hat jüngst wieder zu dieser Thematik Stellung genommen: Wegen Beschädigung von Waschmaschinen wurden im Waschkeller heimlich Videoaufnahmen gemacht. Das Gericht entschied jedoch, daß eine dauernde, schrankenlose heimliche Videoüberwachung auch aufgrund früherer Beschädigungen grundsätzlich unzulässig ist, wenn keine weiteren Besonderheiten hinzutreten. Ich frage mich natürlich, was noch an „weiteren Besonderheiten“ passieren soll. Nach dem Gericht sei auch zu prüfen, ob nicht eine offene Videoüberwachung in Frage käme. Auch betonte es, daß grundsätzlich eine Interessenabwägung zwischen dem Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht des Beobachteten und den Interessen des Beobachtenden vorzunehmen ist. Das sogenannte „Recht am eigenen Bild“ ist eine besondere Erscheinungsform des im Grundgesetz festgelegten Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Mir ist nach wie vor unverständlich, wieso das Persönlichkeitsrecht eines Straftäters höher zu gewichten sein soll. Das Oberlandesgericht verneinte jedoch die Verwertbarkeit der Videoaufzeichnungen in dem Prozeß, weil dieses Beweismittel „in rechtswidriger Weise erlangt“ worden sei. Es gehöre zum Selbstbestimmungsrecht jedes Einzelnen, darüber zu entscheiden, ob Filmaufnahmen von ihm gemacht und möglicherweise gegen ihn verwendet werden dürfen (!). Folgt man der Argumentation des Gerichts, ist es im Vorhinein nahezu unmöglich, sich darauf zu verlassen, eine verwertbare Aufzeichnung zu erhalten: „Ob und in welchem Umfang eine heimliche Videoüberwachung rechtswidrig und unzulässig oder vom Betroffenen hinzunehmen ist, kann nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer unter Berücksichtigung aller rechtlich, insbesondere auch verfassungsrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten durchgeführten Güter- und Interessenabwägung ermittelt werden.“ Als negativ wertete das Gericht, daß auch die Waschküche mit zum „Wohnbereich“ des Täters zählte, daß die Überwachung zwei Monate andauerte und damit auch Akte wie das normale Wäschewaschen durch den Beklagten erfasste. Außerdem sei die Aufzeichnung schwerwiegender als die bloße Videoüberwachung, da die Bilder wiederholt verwendbar seien. Fragt sich nur, was diese sonst für einen Sinn hätten? Wenn das Gericht die Videoüberwachung nahe legt, scheint es sich auch nicht mit der Frage beschäftigt zu haben, wer denn die ganze Zeit am Bildschirm das Ganze überwachen solle?

 

OLG Köln, Urteil v. 05.07.2005, Az.: 24 U 12/05 in NZM 2005, 758

 

Urteil vom 05.07.2005

Gericht: OLG München

Aktenzeichen: 24 U 12/05

Quelle:

Urteil vom 11.03.2005

Gericht: OLG Karlsruhe

Aktenzeichen: 32 Wx 2/05

Quelle:

Urteil vom 08.11.2001

Gericht: KG

Aktenzeichen: 12 U 180/01

Quelle:

Urteil vom 26.06.2002

Gericht: OLG Karlsruhe

Aktenzeichen: 24 W 309/01

Quelle:

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