Differenzberechnung bei fehlender Vorerfassung der Heizkosten

Die Heizkostenabrechnung legt fest, wie viel der Einzelne an Heizkosten zu tragen hat. Bis zu dem Zahlbetrag ist es aber ein langer Weg. Egal ob Gas, Fernwärme oder Ölheizung, zuerst einmal muss ermittelt werden, wieviel der Einzelne verbraucht hat. Hierfür gibt es verschiedene Erfassungsgeräte. Die bekanntesten sind die kleinen Kästchen, die am Heizkörper hängen. Funktionierten die älteren noch nach dem Verdunstungsprinzip, enthalten die Neueren komplizierte Technik, inzwischen sogar Funk. Diese Heizkostenverteiler sind aber keine eigentlichen Messgeräte. Anders als Wärmemengenzähler messen sie die verbrauchte Wärmemenge nämlich nicht, sondern legen nur den anteiligen Verbrauch im Verhältnis zum gesamten fest. Sind in einer Wohnanlage nun beide Typen verbaut, also Wärmemengenzähler und Heizkostenverteiler, müsste eigentlich zuerst eine Vorerfassung durchgeführt werden, damit man weiß, welche Wärmemenge auf jede dieser beiden Gruppen entfällt. Das war hier nicht der Fall. Ein mit der Sache befasstes Landgericht war der Auffassung, dass mangels Vorerfassung nun nur eine Schätzung durchgeführt werden könne oder gar statt einer Verteilung nach Verbrauch nur eine nach Quadratmetern erfolgen könne.Der Bundesgerichtshof sah das aber anders. Gibt es unterschiedliche Gerätschaften, sind zuerst Gruppen mit gleicher Ausstattung zu bilden und der Gesamtverbrauch einer solchen Gruppe zu ermitteln, also eine „Vorerfassung“ vorzunehmen. Selbst wenn es nur eine einzige Wohnung mit Wärmemengenzähler gäbe, wäre das daher eine (sehr kleine) „Gruppe“. Voraussetzung dafür wäre aber unbedingt, dass man den Verbrauch (jeder) dieser Gruppen durch einen übergeordneten Zähler erfassen kann, also einen Gruppenwärmemengenzähler. Was also nicht geht ist, falls es zum Beispiel bei den Wohnungen mit Wärmemengenzählern (eigene Gruppe) keinen übergeordneten Wärmemengenzähler gibt, einfach die einzelnen Wärmemengenzähler zu addieren. Gibt es also keine Vorerfassung dieser einzelnen Gruppen mittels übergeordnetem Zähler, ist das ein Verstoß gegen die Heizkostenverordnung. Dieser Verstoß kann auch nicht geheilt werden, da das Abrechnungsjahr ja schon vorbei ist. Insoweit stimmte die Ansicht des Bundesgerichtshofs also noch mit der des Landgerichts überein. Die von diesem dann aber angedachten Lösungswege scheiden aus den folgenden Gründen aus: Eine Schätzung ist gesetzlich nur erlaubt, wenn man den Verbrauch einzelner Nutzer nicht erfassen kann, beispielsweise weil ein Messgerät defekt war. Geht es aber um die fehlende Messung nicht nur eines Einzelnen, sondern der gesamten Nutzergruppe, ist eine Schätzung nicht möglich. Der zweite Lösungsweg des Landgerichts, eine Verteilung rein nach Fläche widerspricht der Heizkostenverordnung, die durch die Verbrauchsermittlung ja Energie einsparen möchte. Der Bundesgerichtshof erlaubte dann aber als kleinstes Übel eine sonst eigentlich auch nicht mögliche Vorgehensweise: Man nimmt, wenn nur eine Gruppe einen solchen übergeordneten Zähler hat, den Gesamtverbrauch des Hauses minus diesem Zähler und rechnet die Differenz dann einer anderen Gruppe an, die keinen solchen übergeordneten Zähler hat.

Urteil vom 21.04.2023

Gericht: BGH

Aktenzeichen: V ZR 214/21

Quelle: NZM 2023, 85

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