Anforderungen an ein Notwegerecht

Im täglichen Leben fährt oder geht man regelmäßig über fremde Grundstücke. Der Klassiker sind natürlich Straßen und Gehwege, die jedermann zugänglich sind, obwohl sie einem selbst nicht gehören. Aber wie verhält es sich, wenn man einen Weg über das Grundstück des Nachbarn nutzt? Damit man hier gehen und fahren darf, ist die Einräumung eines Geh- und/oder Fahrtrechts im Grundbuch die sicherste Wahl, zur Not auch eine bloße vertragliche Regelung. Sonst kann es einem passieren, dass der Nachbar sagt „Du kommst hier nicht (mehr) durch!“ Oft wird dann die Karte des Notwegerechts als Joker aus der Tasche gezogen. Diese sticht aber selten. § 917 BGB regelt zum Notweg:

„Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt. Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen.“

Nur unter diesen Voraussetzungen ist ein Notweg zulässig. Ein Notweg ist immer die letzte verbleibende Möglichkeit (ultima ratio) und kommt nur in Betracht, wenn es keine andere zumutbare Lösung gibt. Man kann sich ein Wegerecht also nicht etwas aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis oder jahrzehntelanger Übung schnitzen. Auch das Schikaneverbot, wenn etwa der Nachbar eine Betonmauer errichtet, hilft nicht weiter, weil der ohne ein Wegerecht ja zur Errichtung der Mauer berechtigt ist. Darum ging es hier. Die Kläger hatten eine 2,60 m breite Zufahrt zu ihrem Grundstück genutzt. Ein Teil der Zufahrt lag jedoch auf dem nachbarlichen Grundstück. Der Nachbar errichtete an seiner Grundstücksgrenze eine Mauer, wodurch die Zufahrt nur noch 1,66 m breit war. Das genügte nicht mehr, um hier mit größeren Fahrzeugen durchzufahren.

Urteil vom 06.05.2022

Gericht: BGH

Aktenzeichen: V ZR 50/21

Quelle: NZM 2022, 811

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