Kein Wegerecht aus Gewohnheit

Schon Jahrzehnte nutzten die Eigentümer eines Hinterliegergrundstücks das davor gelegene Grundstück, um zu ihren Garagen zu gelangen. Jahrzehntelang war das auch überhaupt kein Problem. Bis dann eines Tages der Vorderlieger ein Tor bauen wollte und den Hinterliegern verbot, sein Grundstück zu überqueren. Im Grundbuch war hierzu nichts eingetragen, weder ein Gehrecht noch ein Fahrtrecht. Nun wurde ein Rechtsinstitut bemüht, das im Volksmund absolut geläufig ist, aber mindestens genauso schwammig wie verbreitet. Das Oberlandesgericht Köln war der falschen Auffassung, dass es hier ein Gewohnheitsrecht gäbe. Dem erteilte der Bundesgerichtshof eine klare Absage. Wenn nichts im Grundbuch eingetragen ist, dürfen die Hinterlieger das Vorderliegergrundstück nur auf freiwilliger Basis überfahren.

Ein Gewohnheitsrecht kann nur zwischen einer Vielzahl von Rechtsindividuen und in Bezug auf eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen entstehen, nicht aber beschränkt auf ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn.

Man könnte allenfalls ein Notwegerecht haben, das aber voraussetzen würde, dass es überhaupt keine andere Möglichkeit gäbe, zum Hinterliegergrundstück zu gelangen. Ausserdem könnte der Vorderlieger dann ein Entgelt verlangen.

 

Urteil vom 24.01.2020

Gericht: BGH

Aktenzeichen: V ZR 155/18

Quelle: NZM 2021, 245

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