Entfernung jahrelang geduldeter Leitungen

Stromleitungen des Nachbarn verliefen seit 1979 unterirdisch unter einem Grundstück. Der Grundstückseigentümer hatte das geduldet, grundbuchlich war allerdings nichts abgesichert. 2011 verlangten Erwerber des Grundstücks von den Nachbarn die Entfernung der Kabel. Sollte das wegen Eintritts der Verjährung nicht mehr möglich sein, wurde hilfsweise darauf geklagt, daß der Nachbar die Entfernung kostenlos, also auf Kosten des Grundstückseigentümers zu dulden habe.

Der Bundesgerichtshof bestätigt, daß, auch wenn der Anspruch auf Beseitigung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB bereits verjährt ist, die Störung dennoch nicht hinzunehmen ist. Der Eigentümer ist daher berechtigt, die Kabel selbst, auf eigene Kosten zu beseitigen.

Ansprüche wären aber auch dann ausgeschlossen, wenn der Eigentümer nach § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung verpflichtet wäre. Eine solche Duldungspflicht könnte sich aus einer Dienstbarkeit ergeben, die hier aber gerade nicht existierte. Eine Gestattung des Voreigentümers bindet den Käufer grundsätzlich nicht, es sei denn, er hätte diese Duldungspflicht in seinem Kaufvertrag ausdrücklich übernommen. Es gibt hier also kein Gewohnheitsrecht. Auch ist nicht entscheidend, ob der Käufer beim Kauf von den Leitungen wusste oder nicht.

Der Nachbar argumentierte außerdem mit der Verwirkung. Mit diesem Rechtsinstrument kann unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ein Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Anspruchsgegner davon ausgehen konnte, daß der Anspruchsteller diesen hier nicht mehr geltend macht. Das war hier aber nicht der Fall. Der Voreigentümer hatte nur die Verlegung der Leitungen gestattet, aber nichts dazu gesagt, ob das widerruflich oder unwiderruflich war. Nach Ansicht des BGH musste der Nachbar daher jederzeit damit rechnen, daß die Erlaubnis widerrufen wird.

BGH, Urteil v. 16.05.2014, V ZR 181/13 in NZM 2014, 767

 

Urteil vom 16.05.2014

Gericht: BGH

Aktenzeichen: V ZR 181/13

Quelle: NZM 2014, 767

Zurück zur Übersicht