Bundesverfassungsgericht setzt Schwelle baulicher Veränderung niedrig an

Das Bundesverfassungsgericht hat eine seiner seltenen Entscheidungen zum Wohnungseigentumsrecht gefällt. Eine bauliche Veränderung, durch die andere Miteigentümer nachteilig betroffen sind, bedarf wie Sie wissen, deren Zustimmung. Vorliegend hatte ein Eigentümer in seinem Gartenanteil begonnen, einen unterkellerten Wintergarten von etwas drei mal fünf Metern zu errichten. Während das zuständige Amtsgericht noch während der Fundamentarbeiten die Beseitigung angeordnet hat, hob das Landgericht, später bestätigt durch das BayObLG diese Entscheidung auf. Der Wintergarten würde optisch nicht stören, er würde sich vielmehr gut in die vorhandene Bebauung einfügen. Die Verfassungsbeschwerde sah in diesen Entscheidungen jedoch einen Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Absatz 1 Grundgesetz. Das Gericht zog einen Vergleich mit zahlreichen anderen Fällen, in denen eine bauliche Veränderung als zustimmungsbedürftig angesehen wurde: Außenspiegel, Regenrinnen, Balkonverglasungen, Katzennetze, Markisen, Gartenhäuschen, Zäune, Sichtschutzmatten und –wände sowie Trittplatten. Dementsprechend sei die Schwelle der Beeinträchtigung nach Ansicht der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts eher niedrig anzusetzen. Gerade der Wintergarten würde eine erhebliche Umgestaltung der Gartenfläche darstellen, so daß die Zivilgerichte ohne eine äußerst ausführliche Untersuchung z.B. von Proportionen der verbleibenden Freifläche zu überbauter Fläche gar nicht hätten entscheiden dürfen, daß kein Nachteil vorliegt.

 

Urteil vom 22.12.2004

Gericht: BVerfG

Aktenzeichen: 1 BvR 1806/04

Quelle:

Zurück zur Übersicht