Baumfällen oder Geld bei Laubfall und Pollenflug? 2

Anders beurteilte es der BGH, wenn Äste über die Grenze wachsen. Völlig lebensfremd sind die Bundesrichter quasi der Auffassung, dass Äste nicht über die Grenze wachsen dürfen. Wenn nun statt dem Baum, der in erlaubtem Abstand steht, der auf das Nachbargrundstück hinüberragende Ast Blätter, Samen und Zapfen abwirft, sei das schwerer zu gewichten. Der Nachbar hat sowohl ein Selbsthilferecht nach § 910 BGB, nach dem er nach Setzung einer Frist die herüberragenden Zweige abschneiden kann. Dieses Recht verjährt nicht. Es existiert aber dann nicht, wenn die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen. Die Bundesrichter entschieden nun, daß eine solche Beeinträchtigung nicht nur dann gegeben ist, wenn sie unmittelbar ist, also beispielsweise die Zweige am Gebäude kratzen oder Dachziegel aushebeln. Eine Beeinträchtigung liege auch dann vor, wenn sie nur mittelbar ist, also durch Abfall von Zapfen, Samen oder Blättern. Dabei spiele es anders als beim Laubfall vom Baum selbst auch keine Rolle, ob Bäume in der Gegend ortsüblich seien, da der Ast sich ja nicht ordnungsgemäß verhalte, wenn er über die Grenze wachse.

Neben dem Selbsthilferecht kann auch noch ein Anspruch auf Beseitigung nach § 1004 BGB bestehen, der jedoch innerhalb der Regelverjährungsfrist von drei Jahren untergehen kann. Hierzu haben die Bundesrichter nun zumindest Klarheit geschaffen. Die Tatsache, daß ein Ast Jahr für Jahr weiterwächst, führt nicht etwa dazu, daß der Anspruch gar nicht verjähren kann. Der Anspruch auf Beseitigung beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Ast das erste Mal über die Grenze wächst und verjährt dann innerhalb der genannten Frist.

Urteil vom 14.06.2019

Gericht: BGH

Aktenzeichen: V ZR 102/18

Quelle: NZM 2019, 898

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