Verjährung bei herüberwachsenden Ästen - Grenzbaum

Häufiger Stein des Anstosses und Gegenstand vieler unterschiedlicher Paragraphen und damit Fristen sind Pflanzen, die sich erdreisten, vom Nachbarn auf das eigene Grundstück zu wachsen, vor allem der vom Feindesland (Nachbargrundstück) eindringende Ast. Wir wollen uns nun nicht in Spitzfindigkeiten ergehen, was ein Ast und was ein Zweig ist. Wichtiger ist vielmehr, wie lange der Nachbar Beseitigung fordern kann. Ewig, weil der Ast ja ständig weiterwächst? Oder nur innerhalb der regulären Verjährungsfrist von drei Jahren? Das bayerische Landesrecht hat hier versucht, Rechtsfrieden zu schaffen, in dem es die Verjährungsfrist für die Beseitigung zu hoher Hecken in Art. 52 AGBGB auf fünf Jahre festgesetzt hat. Wenn aber nicht die Höhe der Hecke, sondern deren Dicke, also die herüberragenden Zweige stören, greift diese Frist nicht. Der Bundesgerichtshof entschied nun, dass der Anspruch bei herüberragenden Zweigen auch der kurzen Verjährung unterliegt. Aber aufgepasst, auch wenn der Anspruch auf Beseitigung („Nachbar, schneide zurück!“) nach den drei Jahren verjährt, bleibt doch weiterhin der Selbsthilfeanspruch nach § 910 BGB („Wenn du es nicht machst, mache ich es selbst!“).

Hier ging es übrigens um einen Grenzbaum. Von einem solchen spricht man, wenn der Baum auf der Grenze steht, also zum Teil auf dem einen, zum Teil auf dem anderen Grundstück. Der Bundesgerichtshof teilt hier den Baum in zwei Teile. Jeder ist wirklich nur für den Teil zuständig, der auf seinem Grundstück steht. Also auch hinsichtlich der Verkehrssicherungspflicht, wenn zum Beispiel ein Ast herunterfällt. Der hier durch die Äste gestörte (dritte) Nachbar konnte daher nicht auf beide Nachbarn zugehen, sondern nur auf den, von dessen Baumhälfte die Äste zu ihm herüberwuchsen.

 

Urteil vom 22.02.2019

Gericht: BGH

Aktenzeichen: V RZ 136/18

Quelle: NZM 2019, 350

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